Diabetisches Fußsyndrom: Ergebnisse einer orthopädieschuhtechnischen Beurteilung der Patienten-Schuhe
- Erstellt: 24. Juni 2022
THOMAS WERNER | KAI STRECKER
Im Diabeteszentrum Bad Lauterberg wurde 2021 eine „Orthopädieschuhmacher-Visite“ eingeführt, in der Orthopädieschuhmacher die mitgebrachten Schuhe der stationär behandelten Patienten mit Diabetischem Fußsyndrom begutachten. Bei Bedarf werden Hinweise auf eine geeignetere Versorgung gegeben. Wie gut sind die Schuhe, welche die Patienten bis zu ihrem stationären Aufenthalt getragen haben? Lesen Sie im Folgenden eine Auswertung der bisherigen Ergebnisse.
Auch nach erfolgreicher Behandlung von Patienten mit Diabetischem Fußsyndrom (DFS) kommt es häufig zu Rezidiven. Armstrong et. al. geben die Rezidiv-Wahrscheinlichkeit diabetischer Fußulzera nach erfolgreicher Heilung mit 40 % innerhalb eines Jahres bzw. 65 % innerhalb von drei Jahren an (Armstrong 2017). Für die Praxis bedeutet dies, dass die Versorgung des Krankheitsbildes weder nach Beherrschen der Akutsituation noch nach Heilung des Defektes abgeschlossen ist. Ein wichtiger Bestandteil der Rezidivprophylaxe ist die Anpassung von speziellen Schuhen. Diese sollten so angefertigt sein, dass der empfindliche Fuß mechanisch bestmöglich geschützt wird.
Bereits 2005 wurde von Koller et. al. eine interdisziplinär durch Mitglieder der AG Fuß der DDG erarbeitete Empfehlung zur Schuhversorgung nach Risikoklassen bei DFS publiziert. Sobald ein Sensibilitätsverlust durch eine periphere Polyneuropathie oder eine relevante periphere arterielle Verschlusskrankheit vorliegt, wird das Tragen von Schutzschuhen mit herausnehmbarer konfektionierter Weichpolstereinlegesohle empfohlen. Wenn es Fußdeformitäten gibt, die nach einem konfektionierten Leisten nicht zu versorgen sind, bei Ulkusrezidiven trotz adäquater Vorversorgung oder aus orthopädischen Indikationen, wird eine spezifischere Ausarbeitung von orthopädischen Maßschuhe als notwendig erachtet. Abbildung 3 zeigt einen Ausschnitt aus dem Fuß-Dokumentationsbogen der AG Fuß, in dem die Schuhversorgung aller Patienten mit DFS erfasst werden soll.
Besonderheiten der Schuhversorgung bei Diabetes mellitus und PNP
Um Füße von Diabetikern mit Polyneuropathie zu schützen, gibt es eine Reihe an vorgefertigten Spezialschuhen. Obwohl unterschiedliche Bezeichnungen (Diabetesschutzschuh, Diabetesspezialschuh, orthopädischer Aufbauschuh, konfektionierter Therapieschuh, semiorthopädischer Schuh) verwendet werden, versteht man darunter in Studien auf ihre Wirksamkeit bei Diabetikern überprüfte Schuhe, die eine Hilfsmittelzulassung durch die Krankenkassen besitzen. Dieses Schuhwerk ist im Vorfußbereich extra-weit gearbeitet. Die Zehen haben genügend Platz in Höhe und Breite. Die konfektionierten Diabetikerschuhe gibt es in einem Mehrweitensystem. Sie lassen sich auf viele Fußtypen adaptieren. Auf das Verarbeiten einer Vorderkappe wird verzichtet. Lediglich eine kurze Stoßkappe kommt zum Einsatz, um die Schuhform zu stabilisieren. Das Innenfutter der Schuhe ist aus einem antibakteriellen Material gefertigt. Es ist zusätzlich mit einem dünnen Polster verklebt, um den Fuß besonders zu schützen. Das Futter ist abwaschbar und lässt sich leicht reinigen. Um das Risiko einer Fußverletzung zu minimieren, wird bei der Verarbeitung des Futters auf Nähte im Innenbereich verzichtet. Die Fersenkappe ist auf der Innen- und Außenseite verlängert. Damit erreicht man eine höhere Rückfußstabilität. Der Schuh sitzt dadurch auch besser am Fuß und vermittelt ein sicheres Ganggefühl. Die Schuhe sind mit einer Abrollhilfe und einer Sohlenversteifung gefertigt. Durch das Versteifen der Sohle werden die Scherkräfte verringert und der Vorfuß entlastet. Die Abrollhilfe ermöglicht ein leichteres Abrollen des Fußes und die Zehengelenke werden entlastet.
Diabetikerschuhe und nach Maß gefertigte orthopädische Schuhe haben einen weiten Einstieg. So wird das Anziehen erleichtert und man hat einen guten Blick in den Schuh. Dadurch lassen sich leichter abgezeichnete Druckstellen (auf dem Bezug der diabetesadaptierten Fußbettung, DAF) oder Fremdkörper entdecken. In allen genannten Schuhen ist das Tragen einer DAF möglich. Die Bettung hat einen Aufbau von ca. 8 –16 mm und benötigt viel Platz im Schuh. Sie dient dazu, Druck von gefährdeten Fußbereichen auf belastbare Fußareale und auf mehr Fläche umzuverteilen.
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