Laufschuhe und Beratung werden sich verändern
- Erstellt: 05. Februar 2019

Wie setzt man die Erkenntnis, dass Dämpfung und Pronation nach aktuellem Stand der Wissenschaft keine wesentliche Rolle bei Verletzungen spielen, in der Schuhentwicklung und in der Beratung im Handel um? Ansätze dazu lieferte das Laufschuhsymposium der Zeitschrift Runners World bei der
ISPO-Messe am 25. Januar in München.
Von Wolfgang Best
Es war ein Requiem für die Dämpfung und die Pronation“, blickte Runners World Redakteur Urs Weber auf das letztjährige Symposium zurück. Fast genau ein Jahr zuvor hatten Prof. Benno Nigg und Prof. Gert-Peter Brüggemann mit der wissenschaftlich untermauerten Erkenntnis, dass Pronation und Dämpfung für die Vermeidung von Laufverletzungen keine Rolle spielen, zwei der zentralen Säulen der Laufschuhentwicklung und auch des Laufschuhverkaufs gekippt. Beide hatten überzeugend dargelegt, dass es keinen wissenschaftlichen Beweis dafür gibt, dass man mit gut gedämpften Schuhen oder Schuhen, welche die Pronation einschränken, sein Verletzungsrisiko verringern kann. Im Gegenteil: Die Pronation soll sogar nötig sein, um Verletzungen zu vermeiden. Das legte zumindest eine aktuelle Studie aus Dänemark nahe, in der Läufer, die moderat pronierten, weniger häufig verletzt waren, als die sogenannten Neutralfußläufer.
Laufsporthändler und Schuhhersteller zeigten sich auf jenem Symposium einigermaßen geschockt von den neuen Erkenntnissen. „Nach welchen Kriterien sollen wir jetzt verkaufen?“, war eine der am häufigsten gestellten Fragen, begleitet vom Unbehagen, den Kunden womöglich erzählen zu müssen, dass man 20 Jahre lang nach den falschen Kriterien beraten hat. Das diesjährige Symposium knüpfte bei diesen Fragen an und versuchte, Perspektiven aufzuzeigen, welche Kriterien künftig in die Laufschuhberatung integriert werden können.
Den bevorzugten Bewegungsablauf, der bei jedem Menschen unterschiedlich ist, und den Komfort, den der Läufer im Schuh empfindet, das seien künftig die wichtigen Kriterien für die Laufschuhauswahl. Wenn der Schuh komfortabel ist, sagte Benno Nigg, unter Verweis auf eine eigene Studie, und wenn der Sportler durch den Schuh in seinem bevorzugten Bewegungsablauf unterstützt statt gehindert wird, dann hilft der Schuh dabei, Verletzungen zu vermeiden. Oder anders gesagt: Dann ist der Schuh wenigstens nicht schuld, wenn sich der Läufer verletzt. Denn welche Rolle die Schuhe tatsächlich bei Verletzungen spielen ist noch in der Diskussion und kam auch beim Laufschuhsymposium zur Sprache.
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