07. Mai 2018

Abschied von der Kassen-Einlage

Krankenkassen, Hilfsmittel, Rezepte, Versorgungen
OSM Holger Lütz hat alle Kassenverträge gekündigt und rechnet Einlagen nur noch privat ab

Von Wolfgang Best: Zum Ende des vergangenen Jahres hat OSM Holger Lütz alle Verträge mit den Krankenkassen ­gekündigt. Seit 1. Januar 2018 gibt es bei ihm keine Hilfsmittel mehr auf Rezept, dafür weiterhin absolut individuelle und hochwertige Versorgungen.

Als 2016 der Entwurf für die Überarbeitung der Produktgruppe 08 veröffentlicht wurde, wussten wir nicht, ob wir lachen oder weinen sollen“, erinnert sich Holger Lütz an den Moment, der den Stein endgültig ins Rollen brachte. Schon als 2014 die ersten Informationen zur Aktualisierung der Produktgruppe bekannt worden waren, hatte er Zweifel gehegt, ob es tatsächlich eine Fortschreibung oder nicht eher ein Rückschritt werden würde. „Durch die Neufassung“, so seine Befürchtung, „sollten wir Orthopädieschuhmacher nur auf die Behandlung von Problemen am Fuß festgelegt werden. In der Medizin setzt sich jedoch immer mehr die ganzheitliche Therapie von Haltungs- und Bewegungsproblemen durch. Diesen Ansatz verfolgen wir bei uns auch seit Jahren“. Lütz sprach Carla Meyerhoff-Grienberger vom GKV-Spitzenverband bei einer Veranstaltung darauf an und übermittelte ihr anschließend seine Ideen, wie man die Produktgruppen patientenorientierter gestalten könnte. Insbesondere machte Lütz Vorschläge zur Indikationsstellung, aber auch zur Fertigungsweise. Bewirkt habe er damit leider nichts, auch wenn er vom GKV-Spitzenverband sogar die Antwort bekam, dass man seine Anmerkungen im weiteren Verfahren zur Fortschreibung der Produktgruppe einbeziehen wolle. Als dann 2016 die erste Fassung vorlag, sah sich Lütz in seinen Befürchtungen bestätigt und fragte sich, wie er mit den neuen Formulierungen zu den Indikationen und Ausführungsbestimmungen noch Einlagenversorgungen anfertigen soll, die seinen Ansprüchen genügen und seinen Kunden wirklich helfen.

PG 08 schränkt Versorgungen ein

Das Vorhaben, sich ganz aus der GKV zu verabschieden, wurde konkret, als die PG 08 in Kraft trat und manche Kassen begannen, mit Verweis auf die Neuregelung Verordnungen abzulehnen und Positionen zu streichen. „Die Formulierungen in der Produktgruppe sind leider so ausgelegt, dass sie unsere Arbeit bei wörtlicher Auslegung wesentlich einschränken“, kritisiert Holger Lütz. Genau das hätten manche Kassen ausgenutzt. „In der Praxis hätte ich viele Rezepte eigentlich ablehnen müssen, weil die vom Arzt geforderte Hilfsmittelversorgung in der Produktgruppe 08 nicht mehr darstellbar war“. Was er gar nicht nachvollziehen konnte: Indikationen für Einlagen seien auf den Fuß reduziert worden, während bei vorgefertigten Silikon-
Fersenkissen als Indikationen Hüft- und Rückenbeschwerden an­gegeben seien.

Aufwändigere Versorgungen, die eine intensive Beschäftigung mit dem Patienten voraussetzen, hätten es noch schwerer bei der Kostenerstattung gehabt. „Die Sachbearbeiter bei den Kassen sind oft nicht ausreichend qualifiziert und entscheiden meist nur nach formalen Kriterien“, bemängelt er.

Als Beispiel nennt  Holger Lütz sensomotorische Einlagen. Er ist sich wohl bewusst, dass diese Art der Einlagenversorgung noch nicht ausreichend beschrieben und definiert ist. Aber er versteht nicht, dass die Möglichkeit, diese Einlagen über einen Kostenvoranschlag im Einzelfall zu genehmigen, bewusst verhindert wurde, indem man die entsprechende Position im Hilfsmittel, über die man zuvor diese Einlagen abrechnen konnte, nur noch bei schweren Fußdeformitäten anwenden kann.

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