Anti-Korruptionsgesetz: Anhörung zeigt Nachbesserungsbedarf
Das geplante Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen fand bei einer Anhörung des Bundestagsausschuss für Recht und Verbraucherschutz die grundsätzliche Zustimmung der geladenen Experten. Im Detail gab es aber auch viele Einwände. Vor allem die Abgrenzung von Korruption, die künftig strafbar sein soll, und sinnvoller Kooperation zwischen verschiedenen Akteuren des Gesundheitswesens bereitet Schwierigkeiten.
Der Präsident der Bundesärztekammer(BÄK), Frank Ulrich Montgomery. Kritisierte die unklare Abgrenzung von verbotenen und sozialrechtlich gewünschten Kooperationen im Gesetzentwurf. „Nach der jetzigen Definition sind schon drei Ärzte in einer Gemeinschaftspraxis eine gewerbsmäßige Bande“, so Montgomery. Zudem dürfe das Gesetz nicht zu stark auf Ärzte fokussiert werden. In den bislang bekannt gewordenen Korruptionsfällen sei es nur bei 14 Prozent um Fehlverhalten von Ärzten gegangen. Geklärt werden müsse auch, wer mit dem Gesetz erreicht werden soll. Nicht jede Berufsgruppe im Gesundheitswesen habe ein so ausdifferenziertes Berufsrecht wie die Ärzteschaft.
Montgomery sprach sich ebenso wie einige andere Teilnehmer der Anhörung dagegen aus, die genaue Definition strafbarer Handlungen den regionalen Kammern zu überlassen. Er plädierte er dafür, im Gesetzestext auf die Formulierung "Verletzung der berufsrechtlichen Pflichten" zu verzichten. Vielen Beschäftigten im Gesundheitswesen dürfte unklar sein, was damit genau gemeint ist, vermutete Montgomery. Er sprach sich stattdessen für die Aufnahme konkreter Tatbestands-Merkmale in den Gesetzestext aus.
Auch Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung unter Strafe stellen?
Nach Ansicht der Ärztin und Geschäftsführerin der Mediziner-Initiative MEZIS, Christiane Fischer, sollte nicht nur Bestechung und Bestechlichkeit unter Strafe gestellt werden, sondern so wie beim Öffentlichen Dienst auch Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung. Der Bestechung liege eine Vereinbarung über Leistung und Gegenleistung zugrunde. Viel häufiger aber sei, dass Angehörige von Gesundheitsberufen einen Vorteil erhielten, ohne sich konkret zu etwas zu verpflichten. Die Gegenleistung erfolge vielmehr unausgesprochen.
Antragstellung auf Einleitung eines Strafverfahrens
Der Kölner Strafrechtsprofessor Michael Kubiciel empfiehlt, die Passagen im Gesetzestext zu streichen, nach denen für die Einleitung eines Strafverfahrens der Antrag eines Betroffenen oder eines Verbandes, einer Krankenkasse oder einer Kammer erforderlich ist. „Die ersten Strafanzeigen werden nicht von den Krankenkassen, sondern von Wettbewerbern kommen“, meinte Stephan Meseke, Leiter der Stelle zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen beim GKV-Spitzenverband.
Der im Medizinbereich tätige Rechtsanwalt Morton Douglas hob die Notwendigkeit hervor, sicherzustellen, "dass Patienten Vertrauen fassen können". Aus Sorge um ihre Versorgung trauten sie sich oft nicht, unlautere Handlungen im Gesundheitswesen, mit denen sie konfrontiert werden, mitzuteilen. Douglas schlägt vor, den Patientenbeauftragten mit der Aufgabe zu berauen, derartige Beschwerden zu prüfen.
Sollte Korruption zum Offizialdelikt werden?
Mehrere Sachverständige schlugen vor, Korruption im Gesundheitswesen zum Offizialdelikt zu machen, bei dem die Staatsanwaltschaft von Amts wegen ermitteln muss. Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf ermittelt die Staatsanwaltschaft lediglich nach eigenem Ermessen, wenn sie es wegen eines "besonderen öffentlichen Interesses" für geboten hält.
Auf die Schwierigkeit, bei Bestechung und Bestechlichkeit den Tatnachweis zu führen, wies der Stuttgarter Oberstaatsanwalt Peter Schneiderhan, Präsidiumsmitglied des Deutschen Richterbundes, hin. Man müsse dazu eine "Unrechtsvereinbarung" nachweisen, also die Absprache von Leistung und Gegenleistung. Die Staatsanwaltschaften müssten dazu die Möglichkeit verdeckter Ermittlungsverfahren wie der Telefonüberwachung bekommen, forderte Schneiderhan. Er sei sich aber des Problems bewusst, das sich hierbei wegen der ärztlichen Schweigepflicht ergibt.
© sw/orthopädieschuhtechnik
Ausgabe 1/2016