Anti-Korruptionsgesetz im Bundestag verabschiedet

Am 14. April 2016 ist im Deutschen Bundestag in zweiter und dritter Lesung der Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen verabschiedet worden. Bei Bestechlichkeit und Bestechung drohen Ärzten und Leistungserbringern nun Geldstrafen oder bis zu drei Jahren Haft. Kritiker beanstanden, dass Apotheker nach kurzfristigen Änderungen des Gesetzentwurfs in wesentlichen Bereichen nicht belangt werden können.
In der dritten Lesung im Bundestag wurde das Gesetz mit der Mehrheit der Stimmen der Koalitionsfraktionen angenommen. Es gab 464 Ja-Stimmen, 58 Nein-Stimmen und 54 Enthaltungen. Die Fraktion Die Linke stimmte gegen das Gesetz; die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen enthielt sich.
Gegenüber dem vorhergehenden Gesetzentwurf wurde die neuen Strafrechtsparagraphen 299a und 299b deutlich verschlankt. Zuvor war bereits der Bezug auf das ärztliche Berufsrecht aus dem Gesetzestext gestrichen worden. Grund war, dass das Berufsrecht auf Landesebene geregelt ist, was zu einer unterschiedlichen Rechtsprechung hätte führen können. Mit der Streichung ist jedoch die Verletzung der Pflicht zur heilberuflichen Unabhängigkeit vom neuen Strafrecht nicht mehr erfasst.
Überraschend und kurzfristig wurden die Straftatbestände, die Apotheker betreffen, weitgehend aus dem Gesetzestext herausgenommen. So wurde der Bereich der Abgabe von Arzneimitteln, Hilfsmitteln und Medizinprodukten gestrichen. Damit werden beispielsweise Verstöße gegen Preis- und Rabattvorschriften durch Apotheker nicht ins neue Strafrecht einbezogen.
Die Straftatbeständen wurden zu Offizialdelikten erklärt. Damit haben die Staatsanwaltschaften Korruption im Gesundheitswesen künftig stets von Amts wegen zu verfolgen, also nicht nur auf Antrag.
Kontroverse Debatte im Bundestag
Die Kriterien, die von den §§ 299a und 299b erfasst werden, waren bis zuletzt umstritten. Zwar sprachen sich alle Redner in der Bundestagsdebatte für die Notwendigkeit des neuen Gesetzes aus. „Es hat jedoch einen Geburtsfehler“, sagte Karthin Vogler, Die Linke. Dadurch, dass man das Gesetz im Wirtschaftsrecht angesiedelt hätte, statt etwa bei den Amtsdelikten, habe man sich in eine Falle begeben, aus der man nicht mehr herauskomme. „Das Ergebnis ist, dass vor allem der Wettbewerb geschützt wird, weniger die Patienten“, so Vogler. Die Streichung des berufsrechtlichen Bezugs im Gesetzestext nehme dem Gesetz „den wesentlichen Sinn: den Schutz des Vertrauens“.
Renate Künast, Bündnis 90/Die Grünen sprach von einem „unappetitlichen Vorgang“ und einer „Entkernung“ des ursprünglichen Gesetzentwurfs. Die berufsrechtliche Pflicht, die heilberufliche Unabhängigkeit zu wahren, sei schließlich der Kern des Referentenentwurfs gewesen. Hier sei man wohl dem Lobbydruck erlegen. „Es geht um Vertrauen in die Ärzteschaft – das wollen Sie nicht so richtig angehen, wenn Sie nicht das Kammerrecht mitnehmen“, meinte Künast. Völlig unverständlich sei, weshalb Apotheker außen vor seien. Angesichts dessen müsse man sich fragen, warum andere Heilberufe noch vom Gesetz erfasst würden.
„Das Gesetz ist kein zahnloser Tiger“, verteidigte Edgar Franke, SPD, die neu gefassten Paragraphen. Allerdings räumte auch er ein, dass es im ersten Jahr Fallkonstellationen geben könne, etwa im Bereich neuer Arzneimittel, die nicht geregelt seien. Durch den unbestimmten Begriff der „Lauterbarkeit“ in § 299 a StGB werde jedoch die heilberufliche Integrität trotz der noch kurzfristig vorgenommenen Streichungen im Gesetz geschützt. Der Patient könne sicher sein, dass eine vom Arzt verordnete Therapie nicht finanziellen, sondern ausschließlich medizinischen Gesichtspunkten untergeordnet ist. "Insgesamt bedeutet das Gesetz einen Paradigmenwechsel", so Franke.
Die Verkündigung des Gesetzes steht noch aus, einen Tag nach der Verkündigung tritt es in Kraft.
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