HHVG: Keine Nachbesserung geplant

Insgesamt 28 Punkte umfasste die Kleine Anfrage 19/1667 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die sie Mitte April der Bundesregierung stellte. Sie mündet abschließend in die Frage, ob die Bundesregierung weitere Nachbesserungen bei der Hilfsmittelversorgung plant. Anfang Mai kam nun vom Bundesgesundheitsministerium die Antwort (BT-Drs 19/1996). Die Bundesregierung sieht kaum Handlungsbedarf beim HHVG.
Anlass für ihre Kleine Anfrage war die Meinung von Bündnis 90/Die Grünen, dass das Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz (HHVG) offenbar nicht alle Missstände beseitigt habe, die der Gesetzgeber mit der Einführung des Gesetzes im Blick hatte. Mit Blick auf die Leistungserbringer sprach die Fraktion unter anderem die überzogen hohe Aufzahlungen an, eine mangelnde Erfüllung der Pflicht zur Beratung und zum Angebot von Wahlmöglichkeiten zwischen aufzahlungsfreien Produkten. Von Seiten der Krankenkassen würden auch weiterhin Hilfsmittel mit hohem Dienstleistungsanteil ausgeschrieben und Open-House-Verfahren durchgeführt. Des Weiteren führt Bündnis 90/Die Grünen Probleme bei der Leistungsbewilligung an sowie Hinweise auf eine mangelnde Qualität von aufzahlungsfreien Versorgungen. In ihrer Antwort sieht die Bundesregierung kaum Handlungsbedarf beim HHVG.
Hinsichtlich der vom Gesetz vorgegebenen Gewichtung der Qualität neben dem Preis verweist die Regierung darauf, dass eine Krankenkasse selbst entscheiden kann, ob sie die zusätzlichen Qualitätsanforderungen in der Leistungsbeschreibung oder im Rahmen der Zuschlagskriterien berücksichtigt. Allgemein fällt auf, dassdie Bundesregierung öfters die gesetzlichen Rahmenbedingungen als ausreichend ansieht. Ob dagegen von den Krankenkassen verstoßen werde, sei von den Aufsichtsbehörden zu klären. So sei zum Beispiel keine allgemeine Aussage zu treffen, für welche Produktgruppen Ausschreibungen unzweckmäßig seien. Auch wie sich die Beratungspflichten der Leistungserbringer auf die Zahl und Höhe von Mehrkostenvereinbarungen auswirken, lasse sich noch nicht sagen, so das Ministerium. Vom GKV-Spitzenverband sind dazu erstmal am 30. Juni dieses Jahres Zahlen zu erwarten.
Auch bei der Ablehnung von Hilfsmittelversorgungen sieht die Bundesregierung mit den aktuellen Fristenregelungen ausreichende Handlungsmöglichkeiten für die Versicherten. Krankenkassen müssten bei einem Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels innerhalb von drei Wochen, bei Einholung von gutachterlichen Stellungnahmen innerhalb von fünf Wochen nach Antragstellung entscheiden. Verzögere sich die Entscheidung der Krankenkasse, müsse die Kasse dem Versicherten rechtzeitig schriftlich einen hinreichenden Grund mitteilen. Werden die Fristen überschritten, ohne dem Versicherten einen hinreichenden Grund mitzuteilen, gelte die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Der Versicherte könne sich dann die erforderliche Leistung selbst beschaffen und die Krankenkasse sei zur Kostenerstattung verpflichtet, so das Ministerium.
Der Bundesregierung zufolge wurden 2015 nach einer Analyse des IGES-Instituts rund 12,5 Prozent der Anträge erstinstanzlich abgelehnt. Grundlage seien Daten von 23 Krankenkassen. Angaben zur Zahl der Widersprüche sowie zum Erfolg der Widersprüche konnten laut BMG nur sechs der teilnehmenden Krankenkassen machen.
Nicht beantwortet hat die Bundesregierung die Frage, für welche Produktgruppen Ausschreibungen nicht zweckmäßig sind. Dies sei im Einzelfall zu entscheiden und kann dann von der Aufsichtsbehörde geprüft werden.
Die Grünen fragten schließlich noch, welche Erkenntnis die Bundesregierung über wirtschaftliche, personelle oder organisatorische Verflechtungen zwischen Leistungserbringern und Präqualifizierungsstellen hat. Die Antwort: Derzeit seien sechs der 23 Präqualifizierungsstellen mit Leistungserbringerverbänden gesellschaftsrechtlich verbunden. Dagegen habe die Regierung grundsätzlich auch keine Einwände. Es müsse aber die Unparteilichkeit der Präqualifizierungsstellen gewährleistet sein. Dies sei Aufgabe der neuen Zuständigkeit durch die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS).
Mangelnde Daten oder Angaben waren dann auch des Öfteren Grund für eine Nicht-gegebene Antwort. So konnte zum Beispiel nicht beantwortet werden, welche Versorgungaufträge von den Krankenkassen in den Jahren 2014 bis 2017 ausgeschrieben wurden, weil die Kassen, die Ausschreibungen vornehmen, keine Anzeigepflicht gegenüber dem Ministerium oder der zuständigen Aufsichtsbeschwerde haben.
Trotzdem gibt es ein positives Fazit durch das Ministerium. Die durch das Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz (HHVG) geschaffenen Regelungen hätten „die Qualität der Hilfsmittelversorgung gesichert und entwickelt“, schließt das Bundesgesundheitsministerium seine Antwort ab. Man wolle allerdings den Umsetzungsprozess mit „großer Aufmerksamkeit begleiten“. Denn zum gegenwärtigen Zeitpunkt sei die Umsetzung des HHVG in der Versorgungspraxis noch nicht abgeschlossen.
Die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage 19/1667 finden Sie hier
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