17. Dezember 2019

Sechstes Event der „Nordost-Innungen“ – Blick in die Zukunft

Martin Gerhold gratuliert Hilmar Benthin und Philip Zech zur Wiederwahl als Obermeister. (Fotos: Bernd Rosin-Lampertius)

Nun schon zum sechsten Mal trafen sich die Innungen Berlin, Nord und Mecklenburg-Vorpommern zu ihrer gemeinsamen Jahresveranstaltung, diesmal vom 8. bis 9. November 2019, im Ostseebad Kühlungsborn.

Da der für das Grußwort vorgesehene Staatssekretär Dr. Rudolph vom Ministerium für Wirtschaft, Tourismus und Gesundheit des Landes Mecklenburg-Vorpommern kurzfristig absagen musste, wurde der unmittelbare Dialog zum Thema Fusion vertagt. Stattdessen hieß Hilmar Benthin in seiner Funktion als Obermeister der Innung Mecklenburg-Vorpommern die Betriebe aus den vier Bundesländern zum zweiten Mal in seinem Bundesland willkommen. Wie immer fanden am Freitag die Innungsversammlungen statt, die in Form und Ablauf in einer großen Versammlung zusammengefasst wurden. Diesmal dominierten hier die Formalien, denn in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern standen Vorstandswahlen an und die Gremien mussten neu besetzt werden. Als Obermeister wurden Philip Zech und Hilmar Benthin einstimmig bzw. bei einer Gegenstimme in ihrem Amt bestätigt. Auch die jeweils übrigen Vorstandsmitglieder wurden mit überwältigenden Mehrheiten und teilweise einstimmig wiedergewählt. Bei den Berichten über die Kassenverhandlungen und das kassenpolitische Umfeld fehlten die großen „Aufreger,“ wohl auch aufgrund der allgemein guten finanziellen Situation der Sozialversicherungsträger. In der Diskussion zogen sich dann allerdings die Klagen über die zunehmende und immer undurchschaubarere Bürokratisierung wie ein roter Faden durch.

Der Samstag war dem Thema „Herausforderungen an die Zukunft - administrativ und strategisch betrachtet“ gewidmet. Zunächst berichteten die Geschäftsführerin des ZVOS, Jessica Kuhn, und Kim Japing vom Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) über die politischen Hintergründe und den aktuellen Stand der EU-Medizinprodukteverordnung (MDR), die die Anforderungen an die Konformitätsbewertung von Medizinprodukten formuliert und zum 26. Mai 2020 umzusetzen ist. Es zeigte sich, dass viele Fragen noch ungeklärt sind, zumal die deutsche Übersetzung nicht mit der englischen Fassung identisch ist. Im Vorteil seien allerdings Betriebe, die sich schon einmal auf die Zertifizierung vorbereitet haben und dies weiterleben.

ZVOS-Geschäftsführerin Jessica Kuhn und Kim Japing (ZDH) referierten über die EU-MDR.
Anschließend widmeten sich der Obermeister der Innung Nord, Martin Gerhold, und der Geschäftsführer, Bernd Rosin-Lampertius, den Feinheiten der Kalkulation. Wobei ersterer das Kalkulationsschema der Innung Nord vorstellte und letzterer die kalkulatorischen Kosten in den Mittelpunkt seiner Ausführungen stellte. Nach der Kaffeepause informierte dann Herr Hugot, von der Deutschen Gesellschaft zur Präqualifizierung im Gesundheitswesen, über die aktuellen Entwicklungen in Bezug auf das Präqualifizierungsverfahren. Dabei hob er die Bedeutung der Deutschen Akkreditierungsstelle (DakkS) sozusagen als eine Art Aufsichtsbehörde für die einzelne Präqualifizierungsstelle hervor. Da sich dort jede Präqualifizierungsstelle akkreditieren lassen muss und sich einen Verlust der Akkreditierung nicht leisten kann, sei ein rigides Vorgehen im Einzelfall vorprogrammiert.

Hermann Wessendorf, Orthopädieschuhmachermeister in den Niederlanden, berichtete über die dortige Versorgungssituation. So werde die Kassenlandschaft in den Niederlanden von vier Krankenkassen dominiert. Die Digitalisierung werde dort entschiedener vorangetrieben und als Chance gesehen, um für den potenziellen Berufsnachwuchs attraktiver zu werden. Wessendorf berichtete auch, dass das Genehmigungsverfahren im Vergleich zu Deutschland deutlich vereinfacht sei, nachdem die Notwendigkeit einer orthopädieschuhtechnischen Versorgung erkannt wurde. Die anschließende Diskussion drehte sich dann um die Frage, ob und inwieweit die holländische Situation und Entwicklung auf Deutschland übertragbar ist.

Der Ehrenobermeister der Innung Mecklenburg-Vorpommern, Jürgen Bobsin, machte auf den 30. Jahrestag des Mauerfalls aufmerksam. Dieser habe auch dem Osten demokratische Mitsprache und Teilhabe gebracht. Insofern könne es nicht sein, dass sich ein Ministerium hinter Formalien verstecke und damit einen fast einstimmig gefasst berufspolitischen Entschluss zur Innungsfusion torpediere. Er schlug daher vor, sich in einem offenen Brief an die Ministerpräsidente, Bürgermeister, Wirtschaftsminister/-senatoren und Fraktionsvorsitzenden der von der Fusion betroffenen Bundesländer zu wenden, um noch einmal auf die Situation aufmerksam zu machen. Des Weiteren soll der Brief auch an die Bundeskanzlerin, den Bundesminister für Wirtschaft, für Energie sowie an die Fraktionsvorsitzenden der im Bundestag vertretenen Parteien und an die Presse gehen. Der Antrag wurde einstimmig angenommen.