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22. Oktober 2019
Redaktion

Orthopädie-Schuhmacher – Handarbeit und Hightech am Fuss

„Mit uns läuft es! Die Mobilmacher“ – mit diesem Slogan wirbt der 1917 gegründete Zentralverband Orthopädieschuhtechnik (ZVOS) für Nachwuchs in seinem Gesundheitshandwerk. Orthopädie-Schuhmacher fertigen Hilfsmittel wie Einlagen, Fußbettungen bis hin zu orthopädischen Maßschuhen, die an die individuellen Be­dürfnisse von gesunden oder erkrankten Menschen abgestimmt sind.

Sie sorgen für ein schmerzreduziertes bis schmerzfreies Ge­hen, Stehen und Laufen und erzielen so Mobilität für jedermann. Welche Voraussetzungen sollten Bewerber mitbringen und welche Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kompetenzen werden während der Ausbildung erworben? Das erläutert der folgende Artikel.

Handwerkliche Begabung, Technisches Grundverständnis und soziale Kompetenz

Der Beruf des Orthopädie-Schuhmachers verbindet Handwerk mit Hightech und Beratungskompetenz. Moderne Laufband- und Gang­analyse, je nach Anbieter 3-, 4- oder 5D genannt, sowie Körperscan­ner liefern eine Fülle von Analysedaten zur Haltung und zum Bewe­gungsverhalten des Patienten. Auf Grundlage dieser Daten werden in Handarbeit die individuellen Hilfsmittel erstellt oder umgearbeitet. Eine Fußfehlstellung wie Knick-, Senk- oder Spreizfuß kann bei­spielsweise Überlastungen oder Reizzustände hervorrufen, die sich – beginnend am Sprunggelenk – bis hinauf zum Knie- und Rücken auswirken können. Mit Hilfe maßgefertigter orthopädischer Einla­gen korrigieren Orthopädie-Schuhmacher solche Fehlstellungen und verhindern das Risiko, dass Überlastungen oder Reizzustände auftreten. Davon können sowohl Sportmuffel als auch Freizeit-, Brei­ten- oder Leistungssportler profitieren. Ein weiteres wichtiges Aufgabenfeld für Orthopädie-Schuhma­cher ist die Versorgung von Folgen chronischer Erkrankungen wie Rheuma oder Diabetes mellitus am Fuß. Laut der Deutschen Dia­betes Gesellschaft (DDG) sind in Deutschland mehr als sechs Mil­lionen Menschen an Diabetes mellitus erkrankt. Pro Jahr kommen nach Schätzungen der DDG etwa 300.000 Patienten hinzu. Das Di­abetische Fußsyndrom – also Empfindungsstörungen, Geschwüre oder Verformungen an Füßen und/oder Unterschenkeln – kann sich infolge einer Diabeteserkrankung entwickeln. Experten von ZVOS und DDG sind sich einig: Individuell angepasste Schutzschuhe für Diabetiker können das Risiko für solche Folgeerscheinungen am Fuß vermindern und so z. B. eine frühzeitige Amputation verhindern. Derzeit gibt es ca. 40 000 Amputationen pro Jahr zu beklagen. Prä­vention tut not. Jenseits der Erstellung oder Anpassung von Hilfsmitteln gehört die Beratung der Kunden und Patienten über die Handhabung und Wirkungsweise der Hilfsmittel oder über vorbeugende und gesund­heitsverbessernde Maßnahmen ebenfalls zu den Aufgaben des Be­rufsfelds.
Der sensible Umgang mit Patienten und Kunden ist dabei eben­so wichtig wie die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Ärz­ten, Podologen, Diabetesberatern und Orthopädietechnik-Mecha­nikern. Wer den Beruf erlernen will, sollte daher handwerkliches Ge­schick, technisches Grundverständnis, Interesse an medizinischen Themen und soziale Kompetenz mitbringen. Auch für kreative Men­schen ist der Beruf ideal. Ein mittlerer Schulabschluss wird für die Ausbildung empfohlen.

42 Monate duale Ausbildung

Orthopädie-Schuhmacher erlernen ihren Beruf in Form einer „Du­alen Ausbildung“ im Ausbildungsbetrieb und in einer der zehn Be­rufsschulen (siehe Seite 74). Sie erstreckt sich über 42 Monate und erfolgt zumeist blockweise, sodass Auszubildende über einen Zeit­raum von mehreren aufeinanderfolgenden Tagen oder Wochen am Stück in der Berufsschule Unterricht haben bzw. im Betrieb tätig sind.

Hand im Hand: Betriebliche und schulische Ausbildung

Derzeit gibt es nach Angaben des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) 2.529 Orthopädie-Schuhmacher-Betriebe in Deutschland. Diese Betriebe sind für die Vermittlung des praktischen Teils der Ausbildung zuständig. Welche Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten im Detail im Betrieb erworben werden sollen, ist in der „Verordnung über die Berufsausbildung zum Orthopädieschuhma­cher und zur Orthopädieschuhmacherin“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) in Einvernehmen mit dem Bun­desministerium für Bildung und Forschung (BMBF) vom 16. Juli 2015 festgelegt. Der ZVOS hat daran mitgewirkt. Die Verordnung sieht eine zweiteilige Gesellenprüfung vor und legt im Ausbildungsrah­menplan die Inhalte der Ausbildung bundesweit einheitlich fest. Die Inhalte der schulischen Ausbildung wurden hingegen von der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder (Kultusmi­nisterkonferenz) am 26. März 2015 beschlossen und im „Rahmen­lehrplan für den Ausbildungsberuf Orthopädieschuhmacherin und Orthopädieschuhmacher“ zusammengefasst. Da jedes Bundesland für die Gesetzgebung des Schul-, Hochschul- und Erziehungswe­sens innerhalb seiner Landesgrenzen zuständig ist, kann es den Rah­menlehrplan eins zu eins übernehmen oder einen eigenen Lehrplan aufstellen, der sich eng an die Vorgaben der Kultusministerkonfe­renz anlehnt. Beide – die Ausbildungsverordnung und der Rahmenlehrplan von 2015 – tragen den Veränderungen im Berufsfeld Rechnung: Immer mehr Privatkunden nehmen die Leistungen von Orthopädie-Schuhmachern in Anspruch und gleichzeitig sorgen die technischen Entwicklungen beständig für neue Materialien sowie Herstellungs- und Analysetechniken.

Von Anatomie bis Verkaufsgespräch 

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