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22. Oktober 2019
Redaktion

Handwerk, Technik und Medizin im Dienst hilfsbedürftiger Menschen

Leistungssportler Markus Rehm stellte zuletzt im August 2018 bei der Para-Leichtathletik-Europameisterschaft in Berlin mit 8,48 Meter einen neuen Weltrekord im Weitsprung auf. Der 30-jährige Orthopädie-Techniker-Meister aus Leverkusen übertraf damit u.a. seinen damaliegen Rekordsprung von 8,21 Meter, der ihm die Goldmedaille der Paralympics 2016 in Rio de Janeiro einbrachte.

Grafik: ZDH

Marcus Rehm verlor infolge eines Bootsunfalls als 14-Jähriger sein rechtes Bein unterhalb des Knies. Seither trägt er eine Prothese und bei seinen sportlichen Aktivitäten eine Karbon-Sportprothese. Ne­ben Prothesen verhelfen auch von Orthopädie-Technikern individu­ell angepasste Bandagen, Orthesen, orthopädische Einlagen und medizinische Kompressionsstrümpfe Leistungssportlern zu weite­ren Höchstleistungen, indem sie Verletzungen verhindern oder zur schnelleren Heilung beitragen. Bestes Beispiel: Der aus Deutschland stammende Basketball-Superstar Dirk Nowitzki setzt auch in seiner mittlerweile 21. NBA-Saison mit den Dallas Mavericks auf individu­elle orthopädietechnische Versorgungen.Zwei Geschichten und ein Gesundheitshandwerk, das diese Ge­schichten maßgeblich mitschreibt: Orthopädietechnik-Mechaniker bzw. Orthopädietechnik-Mechanikerin. Was machen Orthopädie-Techniker? Welche Kompetenzen er­werben sich Auszubildende und welche Voraussetzungen müssen Bewerber für einen Ausbildungsplatz mitbringen? Diese und viele weitere Fragen beantwortet der folgende Text.

Technisches Interesse, handwerkliches Geschick und großes Einfühlungsvermögen

Der Beruf des Orthopädie-Technikers meistert die Schnittstelle zwi­schen moderner Technik und dem Menschen, indem er Technik, Handwerk und Medizin – inklusive digitaler Verfahrenstechniken – verbindet. Im interdisziplinären Team gemeinsam mit Ärzten und Therapeuten versorgen Orthopädie-Techniker die Patienten mit or­thopädietechnischen Hilfsmitteln. Hierzu zählen künstliche Glied­maßen (Prothesen), stützende und stabilisierende Schienen und Bandagen, die auf dem Körper getragen werden (Orthesen), so­wie Gehhilfen und Rollstühle (Rehabilitationstechnik). Am Ende ihrer Ausbildung können Gesellen modernste Hilfsmittel selbst herstellen, industriell vorgefertigte Passteile an Patienten anpassen sowie Pati­enten und das interdisziplinäre Team beraten. Bewerber für eine Ausbildung zum Orthopädie-Techniker sollten daher Spaß am gewissenhaften Arbeiten, an Naturwissenschaften und handwerklichen Tätigkeiten mit klassischen und modernen Ma­terialien haben sowie ein räumliches Vorstellungsvermögen besit­zen. Darüber hinaus sollten sie ein hohes Maß an Einfühlungsvermö­gen aufweisen, ohne Berührungsängste vor Narben und Wunden an Körper und Seele der Patienten. Ausbildungsbetriebe empfehlen einen mittleren oder höheren Schulabschluss. Mit einem Hauptschulabschluss erfüllen Bewerber aber ebenfalls die formalen Voraussetzungen. Wer bereits ein (Schul-)Praktikum in einer Orthopädie-Technik-Werkstatt oder einem Sanitäts­haus absolviert hat, erhöht seine Chancen auf einen Ausbildungsplatz.

Dreijährige duale Gesellenausbildung 

Die dreijährige Ausbildung zum Orthopädie-Techniker zählt zu den „Dualen Ausbildungen“. Der praktische Teil der Ausbildung wird in einem der nach Angaben des Bundesinnungsverbandes für Or­thopädie-Technik (BIV-OT) derzeit rund 2.000 Ausbildungsbetrie­be vermittelt. Der theoretische Teil erfolgt in einer der bundesweit 13 Berufsschulen (siehe Seite 68).

Ausbildungsverordnung und Rahmenlehrplan in eigener Abstimmung 

Die jüngste Novelle der Ausbildungsverordnung stammt vom 15. März 2013. In der aktuellen „Verordnung über die Berufsaus­bildung zum Orthopädietechnik-Mechaniker und zur Orthopädie­technik-Mechanikerin“ ist die Dauer der Ausbildung auf drei Jahre festgelegt. Sie sieht zudem eine zweiteilige Gesellenprüfung vor und enthält den Ausbildungsrahmenplan, der die Inhalte der be­trieblichen Ausbildung bundesweit einheitlich vorgibt. In Deutschland besitzen die Bundesländer die sogenannte Kul­turhoheit, sodass jedes Bundesland für die Gesetzgebung für das Schul-, Hochschul- und Erziehungswesen innerhalb seiner Landes­grenzen zuständig ist. Damit sich die Ausbildungsinhalte in den Bundesländern nicht zu sehr unterscheiden und eine Einheitlich­keit und Vergleichbarkeit der Qualitätsstandards gewährleistet wird, erarbeitet die „Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder“ (Kultusministerkonferenz) einen länderübergreifenden Rahmenlehr­plan des berufsbezogenen Unterrichts an den Berufsschulen. Mit Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 22. März 2015 trat der bis heute gültige „Rahmenlehrplan Orthopädietechnik-Mechaniker und Orthopädietechnik-Mechanikerin“ in Kraft. Die einzelnen Bun­desländer können den Rahmenlehrplan eins zu eins übernehmen. Sollten sie es vorziehen, einen eigenen Lehrplan aufzustellen, muss er sich eng an die Vorgaben der Kultusministerkonferenz anlehnen.

Ergänzende überbetriebliche Lehrlingsunterweisung

Da nicht jeder Ausbildungsbetrieb aufgrund seiner Struktur in der Lage ist, alle Ausbildungsinhalte abzubilden und die neuesten Tech­nologien einzubeziehen, bieten mehrere Kammerbezirke und Lan­desinnungen für Orthopädie-Technik als dritten Ausbildungsbau­stein eine „Überbetriebliche Lehrlingsunterweisung“ (ÜLU) an.

Von Bandagen über Prothesen bis Rehabilitationstechnik 

Der Ausbildungsrahmenplan für den betrieblichen Teil der Ausbildung sieht das Erlangen von berufsprofilgebenden und integrativen Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten vor, die ein Orthopädie-Techniker im Laufe der Ausbildung erlangen muss.

Foto: Andrey Popov/Adobe Stock
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